Reinhard Mey
Der Wind geht allezeit über das Land
Der Wind geht allezeit über das Land
Über Seen und Wälder und goldenes Korn
Über Dörfer und Städte, über kargen Sand
Und er weiß nichts von Ehre, von Stolz und von Zorn
Und es kümmert ihn nicht, wer die Menschen regiert
Welche Macht, welche Lehre den Erdball umspannt
Wer den Acker bestellt, wer zum Krieg ausmarschiert
Der Wind geht allеzeit über das Land
Der Wind gеht allezeit über das Land
Verlass'ne Geschütze, zerschlag'ne Armeen
Durch schwarze Ruinen und lodernden Brand
Und lässt alle Gebete ungehört verweh'n
Fragt nicht, wessen Blut gleichgültige Erde tränkt
Noch für welchen Kriegsherren, welches Vaterland
Der sein armseliges, kurzes Leben verschenkt
Der Wind geht allezeit über das Land
Der Wind geht allezeit über das Land
Über blühende Felder und weiße Alleen
Von hölzernen Kreuzen auf Hügeln im Sand
Die – ein endloses Heer – stumm in Reih' und Glied steh'n
Und die Staatsmänner kommen und stellen sich hin
Legen Kränze nieder, reichen sich die Hand
Und wagen zu sagen: All das hat seinen Sinn!
Und der Wind geht allezeit über das Land