Reinhard Mey
Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben
[Songtext zu „Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben“]
[Strophe 1]
Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben
Eins in der lockenden, rastlosen Stadt
Mitten im quirligen, flirrenden Leben
Elend und Überfluss auf schmalem Grat
Wo Schönheit und Abscheu im Zwielicht verschwimmen
Tröstende Wärme weht und rauer Wind
Wo Irrlichter funkeln und flüsternde Stimmen
Versprechen oder Verhängnis sind
Doch aus Straßenschluchten und dunklen Wegen
Aus Einsamkeit und Enttäuschung heraus
Aus Kummer und Zweifeln, aus dem kalten Regen
Führte auch immer
Führte auch immer ein Weg nach Haus
[Strophe 2]
Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben
Eins in den Obstgärten überm Hang
Inmitten von Apfelbäumen und Reben
Erfüllt von Übermut, Spiel und Gesang
Wo Nachbarn über die Hecke grüßen
Reicht jeder jedem die helfende Hand
Da prägt eine Fährte von Kinderfüßen
Zierliche Abdrücke in den Sand
Ein Haus aus Wörtern und Ziegelsteinen
Mit einem Gebälk aus Mühe und Schweiß
Gezimmert mit Kunst und aus Lachen und Weinen
Aus Lust und aus Liedern
Aus Lust und aus Liedern, aus Arbeit und Fleiß
[Strophe 3]
Wir haben jedem Kind Flügel gegeben
Sie flogen weit hinaus in die Welt
Und Fernweh und Lebenslust waren ihr Kompass
Zuversicht ihr Anker und Zelt
Wir haben jedem Kind Wurzeln gegeben
Zusammen gelernt, mit Urvertrauen
In allen Lebensstürmen aus Liebe
Eine Wagenburg um uns zu bauen
[Strophe 4]
Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben
Eines nur mit einem Blätterdach
In das sich Mistel und Efeu weben
In allen Wettern ein sicheres Gefach
Aus Flügeln, die kreiselnd zu Boden sinken
Wird neu der Ahorn in jedem Jahr
Und Sonnenlicht wird in Tautropfen blinken
Und Schnee wird fallen im Januar
Ein Haus, umweht von allen vier Winden
Vom Sommer durchglüht, vom Herbststurm umtost
Wir werden einander darin wiederfinden
Und Freude wird da sein, und Freude wird da sein
Und Freude wird da sein und Frieden und Trost