Reinhard Mey
Ich würde gern einmal in Dresden singen
Mit Liedern im Gepäck bin ich gefahren
Von Ort zu Ort in Nord und Süd und West
Ich kenn' die Bühnenbretter mit den Jahren
In Braunschweig, Brüssel, Bremen und in Brest
Nur ein paar Plätze hab' ich nicht gesehen
Dabei liegen sie fast vor meiner Tür
Könnte ich da mal auf der Bühne stehen
Hm, glaubt mir, Freunde, ich gäb' was dafür!
Ich würde gern einmal in Dresden singen
In Weimar, Halle oder Heinrichsruh!
Namen sind das, die für mich mehr nach Ferne klingen
Als Singapur, Los Angeles, La Paz und Katmandu
Ich weiß von euch nur Oberflächlichkeiten
Und auch die hab' ich nur aus zweiter Hand
Ich kenn' die Dinge gern von beiden Seiten
Und kenn' doch eine nur von diesem Land
Ich weiß, ein Lied würde das Eis wohl brechen
Auch, wenn wir vielleicht manches anders seh'n
Glaub' ich, dass wir dieselbe Sprache sprechen
Trauer empfinden oder Spaß versteh'n!
Ich würde gern einmal in Dresden singen
In Stendal, Meißen, Zittau und Küstrin
Mit Freunden plaudern, trinken, um Ideen ringen
Wie manche liebe, lange Nacht in Amsterdam und Wien
Ich kenne meine Freunde nur von Bildern
Aus Briefen, die manchmal hin und her geh'n
Die Städte kenn' ich nur von Straßenschildern
Hab' sie mit eig'nen Augen nie geseh'n
Mag sein, es wäre klüger, stumm zu bleiben
Wenn ich mit meinem Lied nichts ändern kann
Mag sein, und doch, ich musst' es einfach schreiben
Zu lang schon und zu oft denk' ich daran:
Ich würde gern einmal in Dresden singen
In Jena, Leipzig, Rostock und Schwerin
Und hören, dass die Lieder hier wie drüben klingen
In einem wie im ander'n Frankfurt, im einen wie im ander'n Berlin